GUT BESCHIRMT UND BEHÜTET
Vor dem Schaufenster mit den Hüten in der Kölner Straße bin ich schon des Öfteren stehengeblieben. Wie wohl schon Generationen vor mir, denn Adrion gibt es seit 1912 in Opladen. Eben habe ich zum Himmel geschaut. Der April ist längst vorbei und das Wetter weiß immer noch nicht, was es will. Sonne? Regen? Gerade passiere ich das Ladengeschäft. Ich nutze die Gelegenheit um einzutreten, auch wenn sich gerade Kundschaft vor den Verkaufstresen tummelt. Draußen scheint in diesem Moment die Sonne und ich ventiliere hier drinnen erst einmal das Thema Sommer und Sonne. Ich schaue mich um und sehe Hüte über Hüte. Für Damen wie für Herren. Eigentlich bin ich kein Huttyp, das Malheur schildere ich dann Christian Kappertz, dem Seniorchef. Vielleicht liegt das auch an meiner Hutgröße. Sechzig. Kappertz lächelt und dreht sich schnurstracks um. Wie fix, denke ich, der alte Herr ist doch längst im Rentenalter. Aus dem Stapel mit den Sommerhüten zaubert der Inhaber ein Exemplar hervor und hält mir diesen freudestrahlend entgegen. „Ein Panamahoot. Echt joode Qualität.“ In der Kölner Straße wird selbstredend das Verkaufsgespräch „op kölsch“ geführt. „Hörens, nu sindse ´ne Gentleman.“ Ich posiere vor dem Spiegel und bin begeistert: Das ist Beratung auf den Punkt. „Chapeau, Herr Kappertz.“ Und eine Kundin, die gerade einen Fischerhut probiert, legt den Kopf schief und fragt ihren Mann: „Eigentlich könntest du dir auch mal einen Hut zulegen?“ Der Mann lächelt nur milde.
Ich entscheide mich für den Panamahut. Doch draußen nieselt es schon wieder. „So, jetzt brauche ich noch einen Schirm.“ Genauso zielsicher wie zuvor geht Herr Kappertz zu der Auslage mit den Schirmen. „Hier, ich empfehle Ihnen das Modell Stockholm, beste Qualität und der schwarzweiße Streifenlook steht Ihnen einfach.“ Ich bin begeistert, solide Technik, guter Griff, lässiger Look. „Und das Beste ist, wenn tatsächlich mal etwas wackelt, wir reparieren die Schirme auch in der eigenen Werkstatt.“ Der Inhaber rollt den Schirm ein, zieht das Futteral über und kommt ins Plaudern. „Mit den Schirmen und Spazierstöcken hat eigentlich alles angefangen. Opladener Schirmfabrik Gustav Adrion hieß es vor dem 1. Weltkrieg. Das Sortiment wurde über die Jahrzehnte immer erweitert. Auch nachdem ich das Geschäft 1968 übernommen habe.“ Christian Kappertz zeigt auf die Pakete hinter sich. „Und wir sind jetzt auch rund um die Uhr erreichbar. Die Kunden bestellen in unserem Onlineshop und sie schicken uns auch Schirme zur Reparatur.“
Im Internet wäre ich jedoch nie auf die Idee gekommen, mir einen Panama-Hut zu kaufen. Vor Ort haben wir jetzt meine Hut-Phobie aufgelöst. Und außerdem habe ich jetzt einen Schirm, der auch meinem Großvater gut zu Gesicht gestanden hätte. Was soll ich sagen, Schirm und vielleicht sogar eine Melone haben auch heute noch Charme. Probiert es selber mal.
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