NEUNUNDNEUNZIGPLUS.
Katharina Lorenz grüßt aus dem Burgtheater Wien. Philipp Arnold gratuliert aus dem Volkstheater München. Und Serkan Kayar, der “andere Udo”, tourt gerade nicht in Deutschland und meldet sich aus einem festen Engagement am Schauspielhaus Düsseldorf. Diese Drei und 96 andere, nicht weniger Erfolgreiche haben aus dem Jungen Theater Leverkusen heraus, die Bretter, die die Welt bedeuten, erobert.
Wer während des Jubiläums im Sommer 2023 die Möglichkeit gehabt hat, die virtuellen Grußbotschaften per Video der ehemaligen JTLer im Foyer durchzuhören, betrachtet dieses Theater, das seit 2012 in der Karlstraße residiert, mit anderen Augen. “Danke für die Möglichkeit mich bedingungslos auszuprobieren.” So der durchgehende Tenor der Botschaften. “Ihr habt mich auf den Weg gebracht.” Das ist Konsens. Darüber hinaus gibt es bewegende Danksagungen. Vor allem an die beiden heutigen Theaterleiterinnen Claudia Sowa und Petra Clemens.
„Leverkusen kann wahnsinnig stolz darauf sein, das Junge Theater zu haben.” Petra Clemens ist immer noch geflasht vom Jubiläum. Sie sitzt an einem Sommernachmittag im Foyer des Jungen Theaters. In der Ecke steht eine E-Gitarre vor einem Werbebanner. In den Fächern unter dem Empfangstresen stehen Fotos der aktuellen Besetzung des Ensembles. Durch die offene Tür strömen nach den Ferien Novizen, um die ersten Stunden zu nehmen. Die Theaterleiterin begrüßt sie herzlich und schickt sie in die Proberäume im ersten Stock. Petra Clemens weist auf die Landkarte über sich. Fähnchen mit Porträts derjenigen, die es von Leverkusen aus geschafft haben, an einer staatlichen Schauspielschule in Deutschland oder dem deutschsprachigen Ausland angenommen zu werden, stecken auf der Karte. “Kein Wunder, dass sich die Fähnchen in NRW drubbeln”, merkt Petra Clemens an und lässt dann aber den Arm kreisen. “99 junge Menschen sind von hier aus erfolgreich gestartet. Und es gibt nur eine deutsche staatliche Schauspielschule, die bisher alle Vorsprechenden, die durch das JTL gegangen sind, abgewiesen hat.Hamburg.” So what, scheint ihr Blick zu sagen. Der Erfolg gibt dem JTL recht. Das merken Claudia Sowa und sie auf ihren Reisen durch die relativ kleine deutsche Theaterwelt. „In dieser Welt sind wir ganz schön berühmt. Wir hören immer wieder den Satz: Ach, Ihr seid die aus Leverkusen, schön Euch zu treffen, wir haben schon so viel von Euch gehört.“
Was macht das Konzept des Jungen Theaters so erfolgreich, dass auch immer wieder junge Menschen aus ganz Deutschland nach Leverkusen-Opladen ziehen. Um sich ausprobieren. Um sich die Nerven anzutranieren, mutterseelenallein vor eine Jury zu treten. Um zu monologisieren und dann im schlimmsten erhobenen Hauptes ohne Zusage abzutreten. „Wir sind eigentlich so eine Mischung aus Jugendhaus und ordentlichem Theater. Es gibt wöchentlich Unterrichtsstunden in unterschiedlichen Disziplinen, wir arbeiten gemeinsam an einer Jahresproduktion und außerdem kann jeder jederzeit die Bühne nutzen, um für sich selbst zu proben.” Die Kosten belaufen sich auf monatlich 50 Euro. Dafür helfen auch alle mit, es gibt eine strikte Aufgabenverteilung. Die Webseite muss gepflegt werden, die Veranstaltungen müssen nicht nur künstlerisch vorbereitet werden. “So stellt sich von Produktion zu Produktion die Frage: Wer verteilt da draußen die Plakate? Dagegen regelt ein Putzplan ganz genau, wer wann sauber macht.”
Was wünscht sich Petra Clemens für die nähere Zukunft des Jungen Theaters? “Wir sind in den letzten Jahren durch ein tiefes Tal der Tränen gegangen. Aber wir sind nach Corona wiederauferstanden. Das Jubiläum hat zudem nachdrücklich gezeigt, welche Bedeutung unser Talentschuppen über die Grenzen der Stadt hinaus hat.” Petra Clemens spricht aus, was viele rund um das Theater in der Karlstraße denken. “Wir wünschen uns eine institutionelle Förderung, um die Zukunft besser planen zu können. Wir arbeiten an der Fünfzwanzigplus, um die Neuundneunzigplus noch einmal wesentlich steigern zu können.”
Foto: © Hendrik Neubauer / Stadtmarketing Leverkusen
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